|Lisa Baaske
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Eine Bibliothek ohne Bücher?

Schließen Sie einmal die Augen und stellen sich eine Bibliothek vor. Woran denken Sie? An viele alte Bücher, lange Gänge und Stille? So geht es mir jedenfalls. Aber natürlich machen Veränderungen und Digitalisierung auch nicht vor dem Bibliothekswesen halt. Wie also wird wohl eine Bibliothek der Zukunft aussehen? Und ganz konkret: Wie wird unsere Universitätsbibliothek (UB) in der Zukunft aussehen? Klar ist, unsere UB steht vor einer großen Transformation und passend zum zwanzigjährigen Jubiläum in diesem Jahr wurde geklotzt und nicht gekleckert, denn es standen einige bauliche Veränderungen an! „Das Dach wurde saniert und auch der Innenraum ausgebaut. Das ist wirklich ein ganz, ganz großes Projekt für uns, das auch alle Kolleginnen und Kollegen im Haus und viele Bereiche der Universität betrifft“, erzählt die stellvertretende Bibliotheksdirektorin, Dr. Christine Lücke. Die Arbeiten fanden, abgesehen von kurzen Schließzeiten, um ein Gerüst auf- und abzubauen, während der Öffnungszeiten der Bibliothek statt. Vor allem was das Dach betraf, gab es akuten Handlungsbedarf: „Vielen ist es vielleicht aufgefallen, sobald es regnet, standen in der ganzen Bibliothek verteilt Mülleimer, um die Tropfen aufzufangen, denn es regnete tatsächlich rein. Zugleich wurde mit der Dachsanierung die Bibliothek auch mit Photovoltaik ausgestattet und damit einen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gemacht.“

Portrait Dr. Lücke vor der Universitätsbibliothek (c) Anna Friese Uni MagdeburgDr. Christine Lücke (Foto: Anna Friese / Uni Magdeburg)

Ist denn aber nun eine Bibliothek, wie anfangs beschrieben, mit engen Gängen, vielen Büchern und wenigen Sitzplätzen noch zeitgemäß? Laut Dr. Lücke käme das vor allem auf die Nutzenden an. Denn natürlich gibt es Menschen, die genau das suchen: Einen ruhigen Ort zum Recherchieren mit gedruckten Büchern. „Es gibt aber auch einen recht hohen Anteil von Studierenden und Mitarbeitenden, die die Möglichkeit zur Gruppenarbeit und zum kreativen Arbeiten suchen. Sodass bei uns die Nachfrage danach sehr groß ist. Die Gruppenräume, die wir haben, sind immer mehr als genug ausgelastet, genauso wie die Einzelarbeitsplätze. Im Moment gibt es also einen massiven Mangel an Räumen für 2 bis 3 Personen.“ Mit den baulichen Maßnahmen im Innenbereich sollen dafür nun neue Angebote geschaffen werden, außerdem innerhalb der UB Orte der Begegnung, beispielsweise offene Lesebereiche, und auch die Terrasse wird ausgebaut. „Ich glaube, am Ende geht es darum, den Nutzenden für die verschiedenen Bedürfnisse, die sie haben, verschiedene Settings zu bieten. Sei es vom klassischen Büroarbeitsplatz, wie man ihn kennt: Schreibtisch und Stuhl hin zu einem Steh­arbeitsplatz, zu einem Lehn- oder Liegearbeitsplatz oder zu Computerarbeitsplätzen“, beschreibt die stellvertretende Bibliotheksdirektorin.

Veränderungen stehen allerdings nicht nur im baulichen Bereich an, sondern die UB entwickelt sich auch bei den angebotenen Medien immer weiter. Im Moment wird der Bestand kritisch durchgesehen. Das heißt auch, dass einige Bücher umgangssprachlich ausgedrückt „herausfliegen“, weil es beispielsweise alte Ausgaben von Lehrbüchern sind. Alle Bücher werden kritisch betrachtet. Auch so wird also Platz für Veränderung geschaffen. „Und wir arbeiten auch an unseren digitalen Medien, zum Beispiel in Richtung transformative Verträge und wollen Open Access weiter vorantreiben. So dass auch unser digitales Angebot immer weiter ausgebaut wird“, so Dr. Lücke. Denn natürlich denken die meisten Menschen an Bücher, wenn sie das Wort Bibliothek hören, aber diese umfassen bei weitem nicht das gesamte Angebot. „Bücher sind nur ein Bruchteil dessen, was wir sind. Wir haben mittlerweile mehr E-Books als gedruckte Bücher und auch die Nutzung der E-Books steigt immer mehr, außerdem bieten wir Datenbanken und digitale Zeitschriften. Vor allem hat die digitale Nutzung Vorteile: Egal wo auf der Welt sich unsere Forschenden oder Studierenden befinden, sie können immer auf unsere Medien zugreifen.“ Und natürlich bieten sie auch Schulungsangebote, die seit der Pandemie ebenfalls hybrid genutzt werden können.

Glaskabine mit Einzelarbeitsplatz in der Universitätsbibliothek Magdeburg (c) Anna Friese Uni Magdeburg Studentin sitzt an einem Schreibtisch in der Universitätsbibliothek Magdeburg und arbeitet am Laptop (c) Jana Dünnhaupt Uni MagdeburgRuhige Einzelarbeitsplätze und digitale Medien sind in der Universitätsbibliothek besonders gefragt. (Foto 1: Anna Friese / Foto 2: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg)

Fordert die Digitalisierung aber nun irgendwann ihren Tribut und es wird irgendwann eine Bibliothek ohne Bücher geben, weil wir nur noch E-Books lesen? Für Dr. Christine Lücke geht es bei der Antwort auf diese, zugegeben sehr zugespitzte, Frage um die Grautöne: „Hier geht es nicht um Schwarz oder Weiß. Natürlich gibt es eine Tendenz hin zu den digitalen Medien, aber es wird immer Bücher in Bibliotheken geben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Bibliothek ohne Bücher gibt.“ Dafür hat sie aber eine klare Vorstellung davon, wie die UB der Zukunft aussehen soll: „Sie ist im Idealfall ein zentraler Anziehungspunkt auf dem Campus, wirkt einladend, ist ein Raum für Vielfalt und bietet auf jeden Fall ganz viel Aufenthaltsqualität. Sie ist gedacht als Ort der Begegnung, zum Austausch, aber auch zum stillen Arbeiten.“

Und wenn Sie jetzt einmal die Augen schließen, dann geht es Ihnen vielleicht wie mir und Sie können sie schon sehen, die zukünftige Universitätsbibliothek, die sich Dr. Lücke wünscht und die dieses Jahr entstehen soll.

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